Reform der Kindergeld-Regelungen

Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu Recht Aufgabe der Mitgliedstaaten sind. Nur in Fragen, die tatsächlich eine erhebliche grenzüberschreitende Bedeutung für den Binnenmarkt oder die Freizügigkeit haben, ist die EU politisch gefordert. Zuwanderung in einen anderen Mitgliedstaat, um höhere Sozialleistungen zu erhalten, ist dagegen nicht Gegenstand der Freizügigkeit in der EU. Dies muss auch in der Praxis durchgesetzt werden. Die EU-Kommission muss umgehend eine Reform der Kindergeld-Regelungen einbringen, die es ermöglicht, die Höhe des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzland des Kindes anzupassen.

Zitat aus dem Wahlprogramm der Freien Demokraten

Die Argumente der FDP Auslandsgruppe Europa:

Im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik hat die EU kaum gesetzgeberische Kompetenz. Die EU soll hier vor allem unterstützend und ergänzend tätig sein und die Aufgaben der Mitgliedstaaten koordinieren, insbesondere wenn es einen grenzüberschreitenden Zusammenhang gibt.

Die Europäische Säule sozialer Rechte:

Initiativen der EU, insbesondere im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, orientieren sich an der bereits 2017 von EU-Kommission, Europäischem Parlament und Mitgliedstaaten geschaffenen „Europäischen Säule Sozialer Rechte“. Hierbei handelt es sich nicht um verbindliche Regelungen, geschweige denn um individuell einklagbare Ansprüche. Vielmehr wurden mithilfe von 20 Grundsätzen im Sinne eines Kompass Ziele entwickelt, die auf Ebene der EU und Mitgliedstaaten sowie in den Regionen und Kommunen, je nach Verantwortungsbereich und im Sinne des Subsidiaritätsgrundsatzes umgesetzt werden sollen. Eine Kompetenzverschiebung zugunsten der EU wird mit der Europäischen Säule Sozialer Rechte ausdrücklich nicht angestrebt (s. Präambel 17 und 18). Die 20 Grundsätze sind in die drei Unterkapitel Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, Faire Arbeitsbedingungen und Sozialschutz und soziale Inklusion unterteilt.

Im März 2021 hat die EU-Kommission einen Aktionsplan zur weiteren Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte vorgelegt. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten sollen bis 2030 insbesondere die folgenden Ziele erreicht werden:

  • Bis 2030 sollen mindestens 78 % der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren erwerbstätig sein.

  • Bis 2030 sollen jährlich mindestens 60 % aller Erwachsenen an Fortbildungen teilnehmen.

  • Bis 2030 sollen weniger Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sein – mindestens 15 Millionen.

EU-Mindestlohn-Richtlinie:

Zu den weitreichendsten Maßnahmen, die auf EU-Ebene im Bereich der Arbeitspolitik umgesetzt wurden, gehört die sog. „EU-Mindestlohnrichtlinie“. Hierdurch soll EU-weit die Einführung und Aktualisierung von Mindestlöhnen erleichtert werden. Die Festsetzung des Arbeitslohns liegt hingegen in den Kompetenzen der EU-Mitgliedstaaten (vgl. Art. 153 Abs. 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Auch gibt es bei der Höhe der Mindestlöhne national und regional erhebliche Unterschiede. Nach dem Grundsatz der Subsidiarität, der vorsieht, dass Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden sollen und ein Vorgehen auf EU-Ebene angesichts der nationalen, regionalen oder lokalen Handlungsmöglichkeiten gerechtfertigt ist, besteht hier seitens der EU nur geringer Handlungsbedarf. Eine zentrale Regulierung würde zu mehr Bürokratie auf EU-Ebene führen und dennoch niemals den Gepflogenheiten der EU-Mitgliedstaaten und deren Regionen gerecht werden. Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu Recht Aufgabe der Mitgliedstaaten sind. Nur in Fragen, die tatsächlich eine erhebliche grenzüberschreitende Bedeutung für den Binnenmarkt oder die Arbeitnehmerfreizügigkeit haben, ist die EU politisch gefordert, Regelungen zu treffen. Die EU-Mindestlohnrichtlinie wollen wir daher abschaffen.

Das SURE-Programm während der Coronavirus-Pandemie:

Das temporäre Unterstützungspaket zur Abmilderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in Notlagen (Support to mitigate unemployment risks in an Emergency - SURE) der EU wurde 2020 eingesetzt, um wirtschaftliche und soziale Folgen der Coronavirus-Pandemie zu bekämpfen. Über 98 Milliarden Euro wurden als zinsgünstige Darlehen an 19 Mitgliedstaaten vergeben, um Arbeitsplätze zu erhalten und sozialen Schutz zu bieten. SURE war somit ein Teil der EU-Strategie zur Bewältigung der Pandemie. Als einmalige und zeitlich befristete Maßnahme in Reaktion auf die absolute Ausnahmesituation der Corona-Pandemie war dies hinnehmbar. Wichtig zu unterstreichen ist aber auch, dass es mit der FDP keinen Einstieg in eine Schuldenunion geben wird. Nach der finalen Auszahlung im Dezember 2022 endete die Verfügbarkeit des SURE-Instruments. Die Schaffung einer dauerhaften EU-Arbeitslosenversicherung ist aktuell nicht vorgesehen.

Die Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherung der EU-Mitgliedstaaten („VO 883/04“):

Mit diesem Gesetz wird sichergestellt, dass Bürger ihre Sozialversicherungsansprüche behalten können, wenn sie innerhalb Europas umziehen und arbeiten (s. Übersicht hier). Diese Bestimmungen gelten für die EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Sie zielen darauf ab, die Sozialversicherungsansprüche über Grenzen hinweg zu schützen und gleichzeitig das Zusammenwirken der nationalen Sozialversicherungssysteme zu koordinieren. Dabei gelten vier Grundsätze:

  • Die Bürger unterliegen immer nur den Rechtsvorschriften eines einzigen Landes und zahlen daher auch nur in einem Land Beiträge.

  • Bürger haben dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsangehörigen des Landes, in dem sie versichert sind.

  • Wenn Bürger Leistungen beanspruchen, werden ihre Versicherungs-, Beschäftigungs- oder Aufenthaltszeiten in anderen Ländern gegebenenfalls angerechnet.

  • Bürger, die in einem Land Anspruch auf Geldleistungen haben, können diese grundsätzlich auch dann erhalten, wenn sie in einem anderen Land leben.

  • Seit 2016 wird an einer Reform der Verordnung gearbeitet. Eine Einigung konnte in der aktuellen EU-Legislaturperiode (2019-2024) nicht erzielt werden.