Afrikanische Union unterstützen

Darüber hinaus dürfen wir Afrika, einschließlich Vorderasien, und Lateinamerika, als aufstrebende Kontinente nicht Ländern wie Russland oder China überlassen. Wir setzen uns dafür ein, dass Europa die Afrikanische Union bei der Umsetzung ihrer Visionen zur Agenda 2063 und einer Freihandelszone (AfCFTA) unterstützt. Außerdem braucht die EU mehr Handels- und Investitionsabkommen mit den Staaten Afrikas, um die Exportchancen und Importe von Rohstoffen und Energie zu erhöhen. Wir wol- len kulturelle Überzeugungskraft entfalten, indem wir Austauschprogramme wie Erasmus+ massiv mit dem Fokus auf Länder des Globalen Südens ausweiten.

Zitat aus dem Wahlprogramm der Freien Demokraten

Die Argumente der FDP Auslandsgruppe Europa:

Der Handel ist eine wichtige Quelle des Wohlstands für alle Volkswirtschaften. Aber wohl auf keinem Kontinent gibt es so viele Hindernisse für den regionalen Handel wie in Afrika. Das Ergebnis spiegelt sich in den Handelsstatistiken wieder: Gegenwärtig gehen nicht einmal ein Fünftel der afrikanischen Exporte in andere afrikanische Länder.

Um die vielen bürokratischen und fiskalischen Hindernisse (insbesondere hohe Zölle) für den innerafrikanischen Warenverkehr, für den Austausch von grenzüberschreitenden Dienstleistungen und auch für die Freizügigkeit der Bürgerinnen und Bürger schrittweise abzubauen, haben sich bisher 54 afrikanische Staaten zu einem ehrgeizigen, langfristigen Ziel bekannt: der Schaffung eines Freihandelsraums über den ganzen Kontinent (AfCTA – African Continental Free Trade Area). Das Ziel ist, afrikanische Wertschöpfungsketten zu schaffen, die Investitionen und Jobs nach sich ziehen. AfCTA ist ein wichtiger Bestandteil der ‚Agenda 2063‘, d.h. der langfristigen panafrikanischen Entwicklungsstrategie „The Africa we want“, die Afrika zu einer der weltweit wichtigsten Regionen transformieren soll. Gleichzeitig soll AfCTA die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen unterstützen.

AfCTA ist mittlerweile für die ersten Staaten in Kraft getreten und wird seit Anfang 2021 auf den Handel zwischen den teilnehmenden Staaten angewendet. Gleichzeitig wird über weitere konkrete Schritte verhandelt, um dieses Rahmenabkommen mit wirtschaftlichem Leben zu füllen.

Die EU ist für viele afrikanische Staaten und Regionen der wichtigste Handelspartner und/oder der größte Investor. Um diese Wirtschaftsbeziehungen im gegenseitigen Interesse weiter zu vertiefen, hat die EU mit einer Reihe von regionalen afrikanischen Staatengruppen sowie einigen einzelnen Staaten Wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen („Economic Partnership Agreements“) abgeschlossen. Diese gehen in der Regel inhaltlich sehr viel weiter als die noch junge AfCTA und räumen den Exporteuren aus den beteiligten afrikanischen Staaten z.B. weitreichende Zollvorteile ein. Im Gegenzug werden auch europäische Ausfuhren in die beteiligten Länder vereinfacht.

Darüber hinaus hat die EU mit den afrikanischen Mittelmeeranrainern Assoziierungsabkommen abgeschlossen, die u.a. ein Freihandelsabkommen beinhalten und insbesondere den beiderseitigen Warenverkehr fördern. Zurzeit wird über eine mögliche Vertiefung dieser Abkommen diskutiert, um ihre Wirkung im beiderseitigen Interesse noch zu steigern.

Eine enge Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen Afrika und Europa liegt im beiderseitigen Interesse. Dabei kommt der Zusammenarbeit im Wissenschafts- und Kulturbereich im Sinne einer Wissenschafts- bzw. Kulturdiplomatie eine zentrale Aufgabe zu. Ein Beispiel ist die Verabschiedung der AU-EU Innovationsagenda, die durch die Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen auf beiden Seiten das Potenzial schaffen soll, gemeinsam Innovationen zu entwickeln, die die Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer Nachhaltigkeitsziele voranbringen. Gerade im Bereich der Bioökonomie und der Biotechnologien hat Afrika gewaltige Fortschritte gemacht, von denen auch die EU lernen kann.

Viele afrikanische Staaten sind ein Beispiel für sogenanntes „leap-frogging“, bei denen Länder durch Einsatz neuester Technologien Entwicklungsschritte komplett überspringen. Ein Beispiel ist die grüne Gentechnik, die sich in Afrika rasant entwickelt, die jedoch durch das bislang restriktive EU-Gentechnikrecht behindert wird, das entsprechende Exporte nach Europa unmöglich macht.

Viele Länder Afrikas haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend China zugewandt; gleichzeitig ist die Präsenz Russlands gerade im Sicherheitsbereich gestiegen.

Die Schaffung der Afrikanischen Union (AU) und einer Afrikanischen Kommission nach EU-Vorbild bietet jedoch eine hervorragende Möglichkeit, die Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika auf eine neue Stufe – auf Augenhöhe – zu stellen. Auch die Aufnahme der AU in die G20 stellt eine große Chance für Europa dar, ebenso wie der Abschluss des neuen Samoa-Abkommens mit den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks.

Der Brüsseler EU-AU-Gipfel vom Februar 2022 wurde medial vom bevorstehenden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine überlagert. Im November 2023 musste ein Folgetreffen auf Ebene der Außenminister in Ermangelung von Teilnehmern kurzfristig verschoben werden. Es bedarf entschiedenerer Anstrengungen auch von europäischer Seite, um dem Eindruck mangelnden Interesses an Afrika wirksam entgegenzutreten. Die wegweisenden Global Gateway-Initiativen sollten zusammen mit den afrikanischen Partnern ausgeweitet und proaktiv kommuniziert werden.

Die „BRICS“-Gruppe als Allianz der wichtigsten Schwellenländer bestand zunächst aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Sie sollte ein Gegengewicht gegenüber den westlich orientierten großen entwickelten Volkswirtschaften aus der G7-Gruppe (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA, das Vereinigte Königreich sowie die EU) bilden. Konkret wollten die BRICS-Staaten z.B. mehr Einfluss in den internationalen Finanzinstitutionen erreichen und die Dominanz des Dollars als globale Leitwährung brechen. Auch gründeten sie eine eigene Entwicklungsbank mit Sitz in Shanghai.

Im Jahre 2023 luden die BRICS-Staaten sechs weitere Länder (Ägypten, Äthiopien, Argentinien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate) ein, künftig an den BRICS-Gipfeltreffen teilzunehmen. Argentinien kündigte jedoch nach der jüngsten Präsidentenwahl an, der BRICS-Gruppe nicht beizutreten.

Wirtschaftlich wird die Gruppe durch die Vergrößerung aufgewertet; sie repräsentiert jetzt rund 30% des weltweiten BIP. Man wird sehen, in welchem Maße sich die relativ heterogenen beteiligten Staaten auf eine gemeinsame Agenda einigen können. Einige Stimmen im „Globalen Süden“ mögen eine Abwendung vom westlich geprägten Entwicklungsmodell unterstützen. Allerdings entstehen für viele Schwellenländer gerade neue wirtschaftliche Abhängigkeiten von autoritär regierten Ländern mit einer starken Rolle des Staates in den nationalen Volkswirtschaften.

Europa setzt dem ein Modell von wirtschaftlicher und politischer Freiheit entgegen, was langfristig sicherlich größere Entwicklungsperspektiven bietet. Der Abschluss von modernen, ambitionierten Freihandelsabkommen im beiderseitigen Interesse ist ein wichtiger Schritt, um wesentliche Partner auf der Südhalbkugel mehr an Europa zu binden. Europa engagiert sich zunehmend gegenüber dem Globalen Süden, insbesondere in bi-regionalen Formaten (z.B. Gipfel und Ministertreffen mit Lateinamerika und Karibik, Afrikanische Union oder ASEAN und Indo-Pazifik) und hat vor kurzem das neue Samoa-Abkommen mit den Staaten Afrikas, der Karibik und dem Pazifik abgeschlossen.

Ebenso gilt, sich langfristig für eine Reform der multilateralen Finanz- und Entwicklungsinstitutionen (IWF, Weltbank) einzusetzen, die die multipolare Welt des 21. Jahrhunderts besser abbildet.