EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden
Eine von Präsident Erdogan autoritär regierte Türkei kann kein Kandidat für eine Mitgliedschaft in der EU sein. Daher wollen wir die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei in der bisherigen Form beenden und die Beziehungen auf eine neue Grundlage enger sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit stellen.
Zitat aus dem Wahlprogramm der Freien Demokraten
Die Argumente der FDP Auslandsgruppe Europa:
Die Türkei ist ein strategischer Partner der EU. Sie ist einer von Europas wichtigsten Handelspartnern, ist Ansprechpartner in vielen sicherheitspolitischen Fragen und spielt eine zentrale Rolle in der Bekämpfung der illegalen Migration im östlichen Mittelmeerraum. Die Türkei hat auch nach Russlands völkerrechtswidrigem Angriff auf die Ukraine eine wichtige Vermittlerrolle bei der Wiederaufnahme von Getreideexporten eingenommen, für die wir ihr dankbar sein sollten.
Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurden im Jahr 2005 aufgenommen. Damals wurde dem Land attestiert, die Kopenhagener Beitrittskriterien zu erfüllen. Dazu zählen das Erfordernis demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen sowie die Wahrung der Menschenrechte. Auch wenn zwischenzeitlich 16 Verhandlungskapitel eröffnet worden sind, gibt es seit mehreren Jahren keine nennenswerten Fortschritte. Im Jahre 2018 musste die EU vielfache Rückschritte in den Beitrittsvorbereitungen der Türkei konstatieren, insbesondere im Hinblick auf eine funktionierende Demokratie, den Schutz der Menschenrechte und die Unabhängigkeit der Justiz. Seitdem sind die Verhandlungen praktisch eingefroren.
Auch der jüngste Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission vom 8. November 2023 stellt der Türkei kein gutes Zeugnis aus. Insgesamt wird befürchtet, dass die Türkei sich eher von der EU wegorientiert, als sich den Beitrittsstandards anzunähern. Weiterhin werden Missstände in den vorstehend benannten Bereich angeprangert, und auch wirtschaftliche Reformen blieben größtenteils aus. Darüber hinaus wird die Türkei weiterhin dringend aufgefordert, die Beziehungen zu Zypern auf der Basis internationalen Rechts zu normalisieren und auch die Beziehungen zu Griechenland zu verbessern.
Ende November 2023 legten die Europäische Kommission und der Hohe Außenbeauftragte eine neue Strategie für das weitere Engagement mit der Türkei vor. Darin bestätigt die EU ihr strategisches Interesse an stabilen Beziehungen zur Türkei und vermerkt, in einer weiterhin vielschichtigen Gesamtlage, insbesondere seit dem schweren Erdbeben vom Februar 2023 eine etwas konstruktivere Haltung der türkischen Regierung. Damit gibt es zumindest die Möglichkeit, die Zusammenarbeitet in Gebieten von beiderseitigem Interesse schrittweise zu vertiefen.
Ein solcher Bereich könnte z.B. der Ausbau des beidseitigen Handels sein. Seit beinahe 30 Jahren verbindet die EU und die Türkei eine Zollunion für den Warenverkehr. Um die Zusammenarbeit mit der Türkei als strategischem Partner jenseits der Beitrittsverhandlungen zu vertiefen, wird seit einigen Jahren über eine Modernisierung und Ausdehnung dieser Zollunion verhandelt. Diese Gespräche sollten, ungeachtet aller Schwierigkeiten, auch von der neuen Kommission nach der Europawahl aktiv vorangetrieben werden.