Faire Wettbewerbsbedingungen auf der europäischen Schiene

Die FDP setzt sich für faire Wettbewerbsbedingungen auf der europäischen Schiene ein. Hierfür braucht es einen freien Zugang in alle europäischen Eisenbahnnetze und eine Trennung von Netz und Betrieb. Wir wollen einen entsprechenden Anlauf zur Weiterentwicklung der bisherigen Eisenbahnpakete machen. Des Weiteren setzen wir uns für den konsequenten Ausbau der Transeuropäischen Eisenbahnnetze zu Hochleistungs- und Hochgeschwindigkeitskorridoren ein. Ziel ist ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz. Schienennetze und Ticketsysteme sollen harmonisiert, Netz und Betrieb getrennt und das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem (ERTMS) flächendeckend eingeführt werden. Zudem wollen wir einen EU-Standard für Magnetschwebebahnen schaffen.

Zitat aus dem Wahlprogramm der Freien Demokraten

Die Argumente der FDP Auslandsgruppe Europa:

Der europaweite Wettbewerb im Schienenverkehr entwickelt sich nur langsam. In Belgien oder Schweden beispielsweise wird der Reisezugverkehr im Wesentlichen durch staatliche Gesellschaften bestritten. Erste Beispiele von funktionierendem Wettbewerb, beispielsweise in Italien, Spanien und Frankreich zeigen, dass Verbraucher enorme Vorteile haben und der Klimaschutz gestärkt wird, wenn der Verkehrsträger Schiene konkurrenzfähig ist. Zwischen Madrid und Barcelona bringen vier verschiedene Eisenbahn-Anbieter von drei unabhängigen Konkurrenten Fahrgäste innerhalb von rund 3 Stunden über die rund 506 Kilometer lange Distanz, zu Preisen zwischen 15 und 30 EUR. Zwischen Mailand und Rom, Rom und Neapel und anderen wichtigen italienischen Verbindungen werben unabhängige Konkurrenten im Hochgeschwindigkeitsverkehr um Fahrgäste, mit einem besseren Service, günstigeren Preisen und mehr Verbindungen als zur Zeit vor dem Eintritt von Wettbewerbern in diesen Markt. Auch bei internationalen Bahnverbindungen, beispielsweise zwischen Paris / Lyon und Barcelona, führt Wettbewerb zu günstigeren Fahrpreisen und einem besseren Kapazitätsangebot. Diese Umstände führen dazu, dass Reisende auf das klimafreundliche Verkehrsmittel Eisenbahn umsteigen.

Um die eingeleitete Entwicklung zu beschleunigen, müssen die wettbewerblichen und technischen Rahmenbedingungen verbessert werden. Die Trennung von Eisenbahnnetzbetreiber von Transportunternehmen hilft den Anbieter von Eisenbahnverkehrsleistungen, den nichtdiskriminierenden Zugang zum Schienennetz abzusichern. Mit der Standardisierung und Transparenz der Transportentgelte möchten wir erreichen, dass Verkehrsunternehmen einen leichteren Einstieg in den Wettbewerb auf den europäischen Transportsystemen haben. Zum Hintergrund, eine ICE-Garnitur kostet zwischen 25 und 30 Milliarden EUR, Banken vergeben entsprechende Kredite nur bei einem abgesicherten Geschäftsplan. Wenn es beispielsweise für ein deutsches Unternehmen möglich ist, auf Grundlage identischer Rahmenbedingungen Verkehrsleistungen in Frankreich anzubieten, kann ein echter europäischer Markt entstehen.

Trotz der vorhandenen Harmonisierung im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr gibt es noch viele technische Hürden, wie zum Beispiel das europäische Zugsteuerungssystem ETCS. Dieses ermöglicht grundsätzlich eine einheitliche Zugsteuerung und damit die variable Einsetzbarkeit der Zugsysteme. In der Vergangenheit hat ETCS mit verschiedenen Versionen allerdings gerade keine Harmonisierung geschaffen. Frankreich und Spanien haben beispielsweise unterschiedliche Versionen in der Anwendung auf ihrem Hochgeschwindigkeitsnetz, was zu einer doppelten Ausstattung der jeweiligen Fahrzeugflotte mit den entsprechenden Kosten führt. Digitale automatische Kupplung kann zudem helfen, den Eisenbahngüterverkehr zu flexibilisieren, Kosten zu sparen und Personenunfälle zu verhindern.

Eine weitere Herausforderung: Wichtige Standards im Bereich der Infrastruktur sind in der EU jedoch nicht harmonisiert, es gelten weiterhin unterschiedliche Vorgaben in den Mitgliedstaaten. Unterschiedlich hohe Bahnsteigkanten führen zu Anpassungserfordernissen bei der Ausstiegshöhe aus den Waggons. Der grenzüberschreitende Eisenbahnverkehr benötigt jedoch einheitliche, einfache Standards. Dies gilt auch für die technische grenzüberschreitende Einsetzbarkeit des Rollmaterials, was z.B. die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Infrastruktur über die Signalisierung angeht oder die Normierung der Einsetzbarkeit von bestimmten Fahrzeugtypen in verschiedenen Mitgliedstaaten. Die Doppelstock-TGV der französischen SNCF sind z.B. nicht einfach in Deutschland einzusetzen, da die Tunnelhöhen neu vermessen werden müssten. Zudem gelten spezielle Anforderungen an die Signaltechnik – so gibt es zwar Vorgaben für ein einheitliches Signalsystem in der EU, aber z.B. Frankreich und Spanien haben unterschiedliche technische Varianten des gleichen Systems auf ihren Hochgeschwindigkeitsnetzen eingesetzt. In der Folge müssen Hochgeschwindigkeitszüge, die in beiden Mitgliedstaaten verkehren sollen, trotz einheitlicher grundlegender EU-Vorgaben über zwei unterschiedliche Systeme verfügen.

Auch im Bereich Sicherheit gibt es weiterhin rückständige Regeln, nach denen z.B. Lokführer auf grenzüberschreitenden Strecken die Sprachen der Länder auf einem hohen Niveau (B.1) beherrschen müssen, in die sie einfahren. Dies ist z.B. im Straßengüterverkehr nicht der Fall und in Zeiten moderner digitaler Kommunikation mit digitaler Simultanübersetzung nicht notwendig. Hier wollen wir auf EU-Ebene moderne Regelungen entwickeln, mit denen die Nutzung digitaler Kommunikation ermöglicht wird.

Magnetschwebebahnen werden in Japan und China eingesetzt und sind für den weiteren Ausbau auf wichtigen Überlandstrecken vorgesehen. Die Technik ermöglicht höhere Geschwindigkeiten als der Hochgeschwindigkeitsverkehr der Eisenbahn (bis zu 600 km/h) bei geringeren Instandhaltungskosten und Geräuschentwicklungen. Insbesondere auf langen Strecken kann sie daher sinnvoll eingesetzt werden und eine klimafreundliche Alternative zum Flugzeug darstellen. So sollen auch in der EU entsprechende Strecken identifiziert und Projektpläne erstellt werden, ähnlich wie für grenzüberschreitende Hochgeschwindigkeitsstrecken für Eisenbahnen. Über Kosten-Nutzen-Bewertungen können konkrete Projekte angestoßen werden.